Evangelische Kirchengemeinde Kenzingen

Ökumenischer Gottesdienst zum Jubiläum: 110 Jahre MGV Lichteneck Hecklingen
5. Juli 1998, Psalm 66

Psalm 66, 1-7a, 8+9, 16-20
Ein Danklied für Gottes wunderbare Führung

Jauchzt Gott, alle Lande! Lobsingt zur Ehre seines Namens; rühmt ihn herrlich! Sprecht zu Gott: Wie wunderbar sind deine Werke! Deine Feinde müssen sich beugen vor deiner großen Macht. Alles Land bete dich an und lobsinge dir, lobsinge deinem Namen. Kommt her und seht an die Werke Gottes, der so wunderbar ist in seinem Tun an den Menschenkindern.

Er verwandelte das Meer in trockenes Land, sie konnten zu Fuß durch den Strom gehen. Darum freuen wir uns seiner. Er herrscht mit seiner Gewalt ewiglich, seine Augen schauen auf die Völker.

Lobet, ihr Völker, unsern Gott, laßt seinen Ruhm weit erschallen, der unsre Seelen am Leben erhält und läßt unsere Füße nicht gleiten ...

Kommt her, hört zu, alle, die ihr Gott fürchtet; ich will erzählen, was er an mir getan hat. Zu ihm rief ich mit meinem Munde und pries ihn mit meiner Zunge. Wenn ich Unrechtes vorgehabt hätte in meinem Herzen, so hätte der Herr nicht gehört. Aber Gott hat mich erhört und gemerkt auf mein Flehen.

Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet.


Liebe Sänger des Männergesangvereines,
liebe ökumenische Gemeinde!

110 Jahre Männergesangverein "Lichteneck" Hecklingen, das ist ein Grund zu Freude und Dankbarkeit. Es ist aber zugleich auch ein Anlaß, einen kleinen Augenblick zur Ruhe zu kommen, sich zu besinnen, Rückschau zu halten und die Zukunft zu bedenken. Ist es 1998 denn wirklich durch alle Wirren unserer Geschichte hindurch so selbstverständlich, dass es diesen Verein überhaupt noch gibt? Und was bedeutet er Ihnen allen, die Sie hier in Hecklingen leben?

Es war im Dreikaiserjahr 1888 als der Männergesangverein "Lichteneck" Hecklingen gegründet wurde. Zwei Kriege mußten überstanden werden, in denen auch Chormitglieder ihr Leben verloren. Gerade vor dem 2. Weltkrieg erlebte der Verein eine Blütezeit, die dann durch den folgenden Krieg unterbrochen wurde. Danach begann ein kleiner Kreis Aktiver wieder mit der Chorarbeit. Höhen und Tiefen kennzeichnen so die Geschichte des Männergesangvereines, der in das Ortsleben untrennbar hineinverwoben ist und die Geschichte des Ortes und vieler seiner Bewohner seit Generationen teilt.

Da ist neben der Dankbarkeit auch die Besinnung angezeigt. Und dass wir heute dieses Fest mit einem ökumenischen Gottesdienst feiern, auf den sich so viele von uns gefreut haben, zeigt, wie dankbar wir sind und auch bereit zur Nachdenklichkeit.


Jauchzt Gott, alle Lande! Lobsingt zur Ehre seines Namens; rühmt ihn herrlich! Sprecht zu Gott: Wie wunderbar sind deine Werke!

Sie haben mit der wunderschönen Abendmusik vor kurzem hier in der Hecklinger Kirche gezeigt, wie geistliche und weltliche Musik einander verbunden sein können. Für Martin Luther gab es noch gar keinen Unterschied zwischen beidem, ja er sagt - fast ganz modern - "wo sie (die Musik) die Jugend verderbe, soll man ihr Besseres dafür geben ..." Für ihn war klar, dass jede Musik - recht gehandhabt - ein Gotteslob sei! Und so sagt er:

"Allen Liebhabern der freien Kunst Musica wünsche ich, Doctor Martinus Luther, Gnad und Fried von Gott dem Vater und unserem Herrn Jesu Christ. Ich wollt von Herzen gern diese schöne und köstliche Gabe Gottes, die freie Kunst der Musica, hoch loben und preisen, dass ich nicht weiß, wo ich anfangen oder aufhören soll. Nichts ist in der Welt, das nicht einen Schall und Laut von sich gibt ... Was soll ich aber sagen von des Menschen Stimme, gegen welcher alle andere Gesänge, Klang und Laut gar nicht zu rechnen sind? Die Philosophie und gelehrten Leute haben sich hart beflissen, zu begreifen, wie die Zunge des Menschen in Wort und Gesang durch Lachen und Weinen die Gedanken des Herzens ausdrücken kann ... Darum ist dem Menschen die Stimme gegeben, dass er Gott mit Gesängen und Worten zugleich loben kann ... Wer durch ein solch lieblich Wunderwerk nicht bewegt wird, der muß ein grober Klotz sein ..."
Diese Grundüberzeugungen Luthers sind in unserem Psalmwort vorbedacht. Es ist das Danklied eines einzelnen Beters, der aber hineingenommen ist in den großen Chor einer feiernden Gemeinde - damals - im Tempel in Jerusalem. Der Beter lobt Gott in einer begeisterten und begeisternden Weise, weil er seinem Gott damit zurückgeben möchte, was er selbst als ein großes Geschenk empfindet: So bewundert er die Werke Gottes, die in der Schöpfung sichtbar sind, bis hin zum eigenen, ganz persönlichen Leben. Nichts gibt es, was sich Gott entzieht. Und wie anders könnte man darauf angemessen reagieren, als Sie es mit Ihrem Konzert in der Kirche getan haben?

Die Musik und vor allem der Gesang, der ja einem jeden Menschen mitgegeben und möglich ist - und sei er scheinbar noch so unmusikalisch - in einen solchen Schöpfungszusammenhang gestellt, ist ein Geschenk Gottes. Tagtäglich und bis in den grauen Alltag hinein wird spürbar, wie sehr Gott seinen Menschen in die Freiheit gestellt hat, in die Freiheit, die Welt zu gestalten, ihr ein Gesicht, Form, Farbe und Klänge zu geben. Gerade durch die Werke der Kunst und Kultur dürfen wir uns zum Ausdruck bringen. Hier schaffen wir etwas, das gesehen oder gehört wird, das dem Leben der Menschen Freude machen darf, ihm ein wenig Glanz verleiht, das die Freude oder Trauer, die Höhen oder auch die Tiefen unseres Lebens begleitet - und da spielt vor allem die Musik und der Gesang eine unendlich große Rolle durch alle Generationen hinweg.

Das heißt, dass ein Komponist, ein Musiker, ein Sänger Anteil hat am Schöpfungswerk Gottes. Selbst die ungeistlichste, weltlichste Musik, die scheinbar so gar nichts mit einem Gotteslob zu tun hat, gehört zur Schöpfung auf der Seite des Menschen. Und Sie alle, hier in Hecklingen haben Anteil daran, können mitmachen - jedenfalls so lange Sie ein Mann sind! Doch zuhören und über das Singen oder das Erleben der Musik hinaus `Gemeinschaft’ erfahren, dürfen alle, die Freude daran haben.

Und ich denke, dass dies ein weiterer Gesichtspunkt ist, der zu bedenken ist. Beten kann - wie wir wissen - ein jeder Mensch für sich allein. Einen Gottesdienst zur Ehre Gottes feiern, die Eucharistie, das Abendmahl teilen, können wir nur miteinander. Das gilt auch für die Gemeinschaft in einem Ort. Sie können hier leben, ihren Garten bepflanzen, ihre Weinberge bearbeiten, aber etwas miteinander gestalten, erleben, tun, das geht nur, wenn Sie sich auf den Weg machen, dorthin, wo auch andere ihre Häuser oder Wohnungen verlassen haben, um Nachbarschaft und Gemeinschaft zu erleben.

Hecklingen, lebt auch heute - einfach durch seine Überschaubarkeit - davon, dass die Menschen hier miteinander das Leben im Ort gestalten. Der Verein ist nicht etwas Überholtes, ein Relikt vergangener Zeit, sondern er verbindet Menschen in einem bestimmten Anliegen und gestaltet eine Gemeinschaft, die für Sie, hier im Ort, sprichwörtlich ist. Mir wurde erzählt, dass man ja ein richtiger Hecklinger erst wird, wenn alle, die hier im Ort geboren wurden und seit Generationen hier leben, vergessen haben, dass man selbst nicht in Hecklingen geboren wurde. Doch bei dieser Einbürgerung hilft das Mitmachen in einem Verein.


Es wird eine Gemeinschaft gestiftet, die tragfähig ist in den Höhen, wie in den Tiefen unseres Lebens. Auch das ist ein weiterer Grund, Gott heute Dank zu sagen, denn angesichts unserer gesellschaftlichen Entwicklungen ist ein solches Zusammenleben, wie hier im Ort, nicht mehr selbstverständlich. Aber, ich sage es Ihnen sehr nachdrücklich: Es ist ein Wert, den man sich bewahren und erhalten sollte, so lange es geht. Auf diese Weise erhalten Sie sich nämlich ein Stück sinnvoller und sinnstiftender Tradition und gestalten zugleich das Bild Ihres Lebensraumes mit.

Stimmen wir daher dankbar in das Gotteslob unseres Pslambeters mit ein, denn wir haben Grund genug dazu, Gott zu loben und ihm für die Vielfalt unseres Lebens zu danken, für die unzähligen Möglichkeiten, uns zum Ausdruck bringen zu dürfen und an seinem Schöpfungswerk mitten in der Welt teilzuhaben. Sagen wir Gott Dank dafür, dass wir Sie, den Männergesangverein "Lichteneck" Hecklingen, haben dürfen. Sagen wir ihm Dank für alle Klänge, Formen und Farben, die uns das Leben schön machen - und danken wir ihm dafür, dass wir in dieser Gemeinschaft diesen Gottesdienst mit katholischen und evangelischen Christen aus Hecklingen und Kenzingen, also miteinander, feiern dürfen. Wir haben wirklich allen Grund zur Dankbarkeit. Darum:

Jauchzt Gott, alle Lande! Lobsingt zur Ehre seines Namens; rühmt ihn herrlich! Sprecht zu Gott: Wie wunderbar sind deine Werke!
Amen.


Glaubensbekenntnis:


Wir feiern diesen Gottesdienst mit katholischen und evangelischen Christen aus Hecklingen und Kenzingen, wir feiern ihn also über konfessionelle und örtliche Grenzen und persönliche Vorstellungen, Traditionen und Voraussetzungen hinweg. Dennoch wissen wir, dass wir als Christen einander untrennbar verbunden sind, darum bekennen wir nun gemeinsam unseren Glauben:

Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.

Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.

Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben.
Amen.


Letzte Änderung: 04.06.2001
Pfr. Hanns-Heinrich Schneider