Gottesdienst zum 33. Bombacher Weinfest,

Sonntag, 02. August 2009

 

 

Psalm 104 (in Auszügen)

 

 

Auf, mein Herz, preise den Herrn! Herr, mein Gott, wie groß du bist! ... In Hoheit und Pracht bist du gekleidet, in Licht gehüllt wie in einen Mantel. Den Himmel spannst du aus wie ein Zeltdach. Droben über dem Himmelsozean hast du deine Wohnung gebaut. Du nimmst die Wolken als Wagen oder fliegst auf den Flügeln des Windes. Stürme sind deine Boten und das Feuer ist dein Gehilfe. Du hast die Erde auf Pfeilern erbaut, nun steht sie fest und stürzt nicht zusammen. Die Fluten hatten das Land bedeckt, das Wasser stand über den Bergen. Vor deiner Stimme bekam es Angst; es floh vor dem Grollen deines Donners...


Du lässt Quellen entspringen und zu Bächen werden; zwischen den Bergen suchen sie ihren Weg. Sie dienen den wilden Tieren als Tränke, Wildesel löschen dort ihren Durst. An den Ufern bauen die Vögel ihre Nester, aus dichtem Laub ertönt ihr Gesang. Vom Himmel schickst du den Regen auf die Berge und gibst der Erde reichlich zu trinken. Du lässt das Gras sprießen für das Vieh und lässt die Pflanzen wachsen, die der Mensch für sich anbaut, damit die Erde ihm Nahrung gibt:

 

Der Wein macht ihn froh, das Öl macht ihn schön, das Brot macht ihn stark.

 

Herr, was für Wunder hast du vollbracht! Alles hast du weise geordnet; die Erde ist voll von deinen Geschöpfen... Alle deine Geschöpfe warten darauf, dass du ihnen Nahrung gibst zur rechten Zeit. Sie nehmen, was du ihnen ausstreust; du öffnest deine Hand und sie alle werden satt.... Ich möchte ihn erfreuen mit meinem Lied, denn ich selber freue mich über ihn... Auf, mein Herz, preise den Herrn! Preist alle den Herrn – Halleluja!


 

 

 

 

Liebe Festgemeinde hier auf dem Bombacher Weinfest!

 

Traditionen können Sinn machen, wenn man ihnen einen Sinn schenkt und gute Traditionen soll man pflegen, wie das Bombacher Weinfest, das ja inzwischen einen Ruf weit in die Region hinein hat. Da macht es sicher Sinn, diesem Fest neben aller Freude am Wein, der Gemeinschaft, den Brathähnchen und Würsten, der Musik und dem bunten Treiben hier auf dem Festgelände auch einen gedanklichen Akzent mitzugeben, ein Wort vielleicht, das weiter und eben doch noch ein wenig tiefer greift. Und so feiern wir hier ganz bewusst diesen Gottesdienst mit katholischen und evangelischen Mitchristen, mit Brot und Wein auf dem Altar, als Symbol der Gegenwart Gottes und unserer Gemeinschaft im Glauben, damit gerade auch Gott zu Wort kommt.

 

Was für ein Wort: dieser 104. Psalm, den wir eben hörten, ein Wort voller Begeisterung über die gute Schöpfung Gottes, die Entstehung der Welt, die Natur und alles Leben in ihr. Da hören wir vom Menschen und der menschlichen Arbeit und gerade in diesem Zusammenhang dann auch das Wort vom Wein, Öl und Brot: „Der Wein macht ihn froh, das Öl macht ihn schön, das Brot macht ihn stark...“ Wir erleben einen Menschen, der seine Augen und Ohren aufmacht, um der Welt gerade nicht gleichgültig gegenüber zu stehen und alles als selbstverständlich anzusehen, was ihm für sein Leben mitgegeben und geschenkt ist. Er fühlt die geöffnete Hand Gottes, die ihn so reich und überreich beschenkt und kann nun gar nicht anders als seinem Gott Lob und Dank zu sagen.

 

In einem Bericht aus einem Weindorf wird erzählt - und das könnte nun in idealer Weise auch zu den Bombachern passen: „Es war ein besonderes Dorf, denn nicht nur wegen der reizvollen Landschaft machte man sich hier sesshaft, sondern auch wegen des Weines, den man auch über seine Grenzen hinaus zu schätzen wusste. Und wie der Wein, so waren auch die Menschen hier etwas besonderes... Es war nicht einfach, das flüssige Gold der Mutter Erde abzuringen. Man sah es ihnen an und vor allem schmeckte man es am Wein. Jene Charakterzüge, die sich aus den Gegebenheiten von Mensch und Natur in unverwechselbarer Weise im Weine spiegelten. Und dennoch waren sie stolz auf ihre irdischen Schätze, in guten wie auch in schlechten Zeiten. Vor allem aber feierten sie gerne und lockten mit ihrem guten Wein viele Gäste in ihr Dorf...“

 

So ist es ja und so erleben wir es ja gerade wieder, aber der Text  hat noch eine kleine, interessante Pointe, denn es heißt dort weiter: „Aber es gab auch Sorgen, Ängste und Nöte, die sie vor zu großen Höhenflügen bewahrten. Durch ihre Frömmigkeit kamen sie mit dem Herrgott immer wieder ins Gespräch. Sie wussten es und sie waren auch dankbar, dass ihr Wein auch immer ein Segen von oben war...“ 1) Und das ist natürlich die Frage: Bringen wir all das, was wir erarbeiten und erwirtschaften noch mit Gott in Verbindung oder verdanken wir es uns selbst allein? Gerade dort, wo wir ein Glas Wein miteinander trinken, dürfen wir uns ja an die Lebensfreude erinnern lassen und das eben auch mitten im Ernst des Lebens, in seinen Herausforderungen, ja, vielleicht sogar auch dort, wo wir einmal traurig sind. Denn gerade in diesem Sinn sagte der große Kirchenvater Augustin einmal:

 

„In vielen Fällen braucht der Mensch den Wein. Er stärkt den schwachen Magen, erfrischt die ermatteten Kräfte, heilt Wunden an Leib und Seele, verscheucht Trübsal und Traurigkeit, verjagt die Müdigkeit der Seele, bringt Freude und entfacht unter Freunden die Lust am Gespräch...“ 2)

 

In aller Weisheit klingt hier an, wofür wir danken, wenn wir neben dem täglichen Brot für den Wein als einer ganz besonderen Gabe Gottes danken. Die Wetterverhältnisse der vergangenen Wochen haben uns wieder einmal unsere Grenzen aufgezeigt und auch der, der in ganz anderen Bereichen schafft und sich seinen Lebensunterhalt erwirtschaftet, muss sich der Abhängigkeit des Menschen von der Natur bewusst bleiben. Und darum ist nicht tumbe Gleichgültigkeit der Natur gegenüber angesagt, sondern Dankbarkeit, denn wer dankbar ist, der denkt ja immer auch über den Grund seiner Dankbarkeit nach, der wird empfindsam und aufmerksam für all das, was uns neben aller menschlicher Arbeit eben gerade auch die Natur schenkt.

 

Was ich auch erst mit der Vorbereitung auf diese Predigt gelernt habe, ist, dass Martin Luther selbst nicht nur gern Bier trank, ich komme darauf gleich noch einmal zu sprechen, sondern auch einige hundert Weinstöcke besaß und somit auch selbst Wein anbaute. So sagte er im November 1538, als er den Hochzeitswein für seine Schwester probierte: „Man soll den Gästen einen guten Trunk anbieten, dass sie fröhlich werden, denn wie die Schrift sagt: „ Das Brot stärkt des Menschen Herz, der Wein aber macht ihn fröhlich...“ 3) Seinen – wohl recht sauren Wein – verfeinerte er mit ebenfalls selbst angebauten Feigen und Melonen, so dass es einen ganz schmackhaften Tropfen gab. Für den Alltag liebte er neben seinem wohl noch geliebteren Bier einen lieblichen Weißwein, für besondere Anlässe gab es dann einen trockenen Rotwein.

 

Bleiben wir einen Augenblick bei Martin Luther, weil er uns auf eine ganz wichtige Spur bringen kann im Umgang mit Bier und Wein. Zum Wein sagte er einmal: „Der Wein und die Weiber bringen manchen Jammer und Herzeleid, machen viele zu Narren und zu wahnsinnigen Leuten. Wollen wir darum den Wein wegschütten und die Weiber umbringen? Nicht so!... Ja, wenn wir unseren nächsten Feind vertreiben wollten, der uns am allerschädlichsten ist, so müssten wir uns selbst vertreiben und töten. Denn wir haben keinen schädlicheren Feind als unser eigen Herz...“ 4) Luther kannte sich selbst sehr genau, er wusste um seine Schwächen, seine Sorgen und Ängste und so wusste er auch, wie es um seine Mitmenschen bestellt war.

 

Täglich trank Luther seine Maß Bier und immer wieder kommt er darauf zurück. Das Bier braute ihm seine Frau, Katharina, die er respektvoll in Briefen als Herr Käthe angesprochen hat. So sagte er zum Bier: „Ich sitze hier und trinke mein gutes Wittenbergisch Bier und das Reich Gottes kommt von ganz alleine!“ 5) oder: „Während ich mit meinem Freund Philippus (Melanchthon) mein Wittenbergisch Bier trinke, läuft das Evangelium...“ Und so schrieb er seiner Frau Käthe einmal: „Liebe Katharina, nach einem langen Tag sitze ich bei einem Maß Bier und denke mir, der liebe Gott wird es schon machen!“ 6)

 

In all diesen Worten zeigt sich, wie sehr Luther dem Wort Gottes und seiner Kraft vertraute. Er war enorm fleißig, ständig saßen Menschen um ihn herum, die jedes noch so dumme Wort mitschrieben und nach Möglichkeit gleich über die Straße hinweg zum Drucker schafften, um Geld damit zu machen, wovon Luther und seine große Familie aber natürlich nichts abbekamen.

Aber er konnte loslassen – und das kommt hier zum Ausdruck – er konnte all das, was ihn bewegte und beschwerte in Gottes Hand legen und wusste sich mit seinen Sorgen dort gut aufgehoben. Und das ist es, was wir von einem Fest, wie diesem ja dann auch in unser eigenes Leben mit hinein nehmen können, uns am Wein zu erfreuen, denn all das, was Luther zum Bier sagt, lässt sich auch auf den Wein beziehen. Mit diesen Gaben der guten Schöpfung Gottes, dürfen wir uns in all den Herausforderungen unseres Lebens, mit all dem, was uns schwer fällt und belastet, dennoch dankbar des Lebens bewusst sein, der Natur, und dann ganz ruhig am besten in einem Kreis von Freunden ein Glas Wein trinken und alles andere einmal voller Gottvertrauen liegen lassen.

 

Nicht umsonst - und ganz sicher von Gott aus nicht zufällig - teilen wir in der Feier der Eucharistie Brot und Wein, weil eben darin all das zum Ausdruck kommt, was für uns Christen Bedeutung hat: Gemeinschaft im Glauben mit Gott und mit den Mitchristen. An diese Zeichen hat sich Gott gebunden, um sich der Welt zu schenken, sich Sonntag für Sonntag in uns in Erinnerung zu bringen. Ja, „Der Wein macht ihn (den Menschen) froh, das Öl macht ihn schön, das Brot macht ihn stark. Sagen wir Gott Dank, gerade für diese Gaben seiner guten Schöpfung.

 

Ich weiß, das Bombacher Weinfest verpflichtet! Sicher möchten Sie auch nach dieser Predigt, die Sie mit dem Geist des Psalmbeters zum Lob Gottes und zur Dankbarkeit einlädt, vor dem „Amen“ noch etwas für das Zusammensitzen hier auf dem Fest in Bombach mitnehmen: „Eines Abends plauderte  der Dichter August Strindberg mit einigen Freunden in einer Weinstube. Es war nicht mehr das erste Glas, und doch wurde er plötzlich ernst, zog seine Geldbörse hervor, öffnete sie und starrte lange und nachdenklich in sie hinein. „Was hast du denn?“ fragten endlich die Freunde. „Ich sehe nur nach, ob ich noch Durst habe!“ 7) So, dann schauen Sie nun ruhig auch einmal in Ihre Geldbörse hinein und wenn sie es zulässt, dann bleiben Sie noch eine Weile hier, feiern Sie ein schönes, fröhliches Fest und lassen Sie auch Gott in ihrer Mitte zu Gast sein. Amen.

 


 

 

 

 

Literatur:

 

1) in: http://www.retzstadt.de/weingeschichten.htm#....%20das%20Rotweingrab

2) Schmid, D., Der Wein in der Bibel, Norderstedt, 20092, S.5

3) Hermann, H., in http://kgk.greilich-verlag.de/

4) in: http://www.kreis.aw-online.de/kvar/VT/hjb1984/hjb1984.46.htm

5) in: http://www.zitate24.de/zitat2968.php

6) in: http://www.evkg-scharnhausen.de

7) in:   http://www.kreis.aw-online.de/kvar/VT/hjb1959/hjb1959.60.htm

 

 

Weiser, A., Das Alte Testament Deutsch, Die Psalmen, Göttingen, 19667, S. 454ff

 

 

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