13. Sonntag nach Trinitatis, Matthäus 6,1-4

 

 

 

Begrüßung:

 

Liebe Gemeinde! „Über Geld spricht man nicht, man hat es“, wird gesagt. Auch in der Kirche tun wir uns schwer, angemessen über das Geld zu reden. Heute wollen wir es tun, da Jesus uns zur Gerechtigkeit mahnt und zu einem angemessenen Umgang mit unserem Geld. Wer Geld und Mittel hat, soll damit nicht prahlen, wer spendet und hilft, soll es unauffällig tun, damit andere Menschen nicht beschämt werden. Gott helfe uns allen zu einem angemessenen Umgang mit Geld und Glaube.

           

Was ihr getan habt, einem meiner geringsten Schwestern und Brüdern, das habt ihr mir getan.

 

 

 

Gebet:

 

Herr, dir verdanken wir uns mit unserem ganzen Leben, unterschiedlich in unserem Wesen, andersartig in unserer Lebensweise, eigenständig in unserer Art, unseren Glauben zu leben oder ihn zu versagen und verschieden in unseren Schicksalen. Wir bitten dich: Lass uns nicht an unseren Unterschieden zerbrechen und Gegebenheiten, die wir ändern könnten, nicht einfach hinnehmen. Lehre uns nach deinen Maßstäben leben und handeln, auch wenn es uns oft so schwer fällt – durch ihn, unseren Bruder und Herrn, Jesus Christus. Amen.

 

»Hütet euch, eure Frömmigkeit vor den Menschen zur Schau zu stellen! Denn dann habt ihr keinen Lohn mehr von eurem Vater im Himmel zu erwarten.« »Wenn du also einem Bedürftigen etwas spendest, dann häng es nicht an die große Glocke! Benimm dich nicht wie die Scheinheiligen in den Synagogen und auf den Straßen. Sie wollen nur von den Menschen geehrt werden. Ich versichere euch: Sie haben ihren Lohn schon kassiert. Wenn du also etwas spendest, dann tu es so unauffällig, dass deine linke Hand nicht weiß, was die rechte tut. Dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird dich dafür belohnen.«

 

 

 

Liebe Gemeinde!

 

Wer hat es nicht das Geld und wer von uns würde nicht immer gern ein wenig mehr davon haben wollen? Selbst Jesus konnte ja nicht ohne Geld leben, auch er brauchte es, um zu leben, um einkaufen zu können, um Kleider zu beschaffen oder sogar für Übernachtungen in einer Herberge, denn in Israel kann es selbst im Sommer an bestimmten Orten bitter kalt sein. So ist es gut, Geld zu haben, weil Geld ja auch ein Geltungsmittel ist. Im Öffentlichen Dienst können wir in Deutschland schon am Gehalt ziemlich sicher ablesen, welchen Rang jemand in der Hierarchie seiner Behörde einnimmt. Es zählt kaum, was er praktisch leistet, sondern das, was er an Voraussetzungen mitbringt. Nur sehr selten hat bei uns ein Mensch das Gefühl, dass seine Arbeit und sein Gehalt in einem gerechten Verhältnis zueinander stehen.

 

Non olet! (Geld) stinkt nicht, sagt ein lateinisches Sprichwort und leider können wir auch in unseren Kirchen und Gemeinden nicht ohne Geld auskommen. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wollen bezahlt werden, die kirchlichen Gebäude müssen unterhalten sein und jeder Kreis und jede Gruppe kann sich im Winter nur dann treffen, wenn die Gemeinderäume beheizt und warm sind. Warum dann ein solcher Text im Neuen Testament, dazu noch an einer solch zentralen Stelle, nämlich mitten in der Bergrede Jesu?

 

„Der französische politische Philosoph, Schriftsteller und Musiktheoretiker Jean-Jacques Rousseau schrieb im 18. Jahrhundert u. a.: `Das Geld, das man besitzt, ist das Mittel zur Freiheit, dasjenige, dem man nachjagt, das Mittel zur Knechtschaft...´“ 1) Jesus wusste also sehr genau wovon er redet und warum. Er war offensichtlich weit weniger weltfremd, wie manch einer, der sich heute auf ihn beruft.

 

Wo wir eben von der Frömmigkeit hörten, die niemand von uns zur Schau stellen soll, wäre richtiger von der „Gerechtigkeit“ die Rede. Es geht um die Gerechtigkeit unter uns, die von unserer Frömmigkeit ja nicht zu lösen ist. Daher geht es gerade nicht um unsere persönliche Frömmigkeit, mit der wir unseren Glauben leben, sondern darum Gerechtigkeit zu üben und mit unserem Glauben in unser Leben und das der uns in den Weg gestellten Mitmenschen hinein zu leben und zu wirken.

 

Natürlich kennen wir religiöse Prahlerei, einen christlichen Fundamentalismus, Menschen, die ihren Glauben wie eine Fahne vor sich hertragen und andere Menschen in ihrer Art, den eigenen Glauben zu leben, in Frage stellen. Jesus warnt vor Frömmelei, weil nur allzu oft Engherzigkeit, Stolz und Rechthaberei damit verbunden sind. Wie viel Unrecht ist in der Geschichte dadurch entstanden, dass Menschen meinten, allein ihr Glaube sei richtig.

 

Was wäre der Glaube, wenn er kraftlos bliebe? Was wäre ein Glaube ohne Gerechtigkeit? Aber dort, wo es ums Geld geht, muss es auch um ein entsprechendes ethisches Verhalten gehen. Und das gilt natürlich auch für die Kirche. Niemand, auch in der Kirche, darf sich dem Traum hingeben, ohne Geld auskommen zu können. Wir brauchen die Kirchensteuer, wir sind auf Spenden und Opfer angewiesen – und wer nach der Abschaffung der Kirchensteuer ruft, sollte uns sagen, wie er denn dann die so genannten „Dienstleistungen“ der Kirche, bezahlen möchte. Die Kirche lebt von ihrer Diakonie, davon, dass sie in unzähliger Weise all jenen hilft, die Hilfe brauchen. Die Diakonie ist die soziale Außenseite unseres Glaubens, unserer Gemeinschaft als Christen in unseren Kirchen.

 

„Hauptquelle kirchlicher Einnahmen sind mit nahezu 80 % die Kirchensteuern...“ Sie werden, was manch einen ja stört, vom Staat eingezogen. Aber, was die Kritiker oft nicht wissen ist, dass „der Staat diese Aufgabe nicht kostenlos erfüllt, sondern Verwaltungsgebühren erhebt, in Baden-Württemberg in Höhe von 3 %...“ 2) Müssten wir in unseren Gemeinden die Kirchensteuer selbst erheben, käme das unendlich viel teurer. So dass – ohne voneinander abhängig zu sein – die Kirche und der Staat etwas von diesem Verfahren haben.

 

„Die Kirche“, so wird es von unserer Landeskirche zum Ausdruck gebracht, „ist immer in der Nähe - mit Menschen, mit Angeboten und mit Gebäuden. Wer seelsorgerliche Hilfe braucht oder Fragen nach dem Sinn des Lebens stellt, kann sich überall an Pfarrerinnen und Pfarrer wenden. Die 548 Kirchengemeinden feiern jeden Sonntag Gottesdienst. Sie begleiten die Menschen in wichtigen Momenten des Lebens, wie etwa der Taufe, der Konfirmation, der Trauung und bei der Bestattung ihrer Angehörigen. Daneben gibt es vielfältige Bildungsangebote und eine große Zahl von sozialen Einrichtungen wie Kindergärten, Krankenhäuser und Altenheime. Die Evangelische Landeskirche in Baden investiert nahezu 80 Prozent der Einnahmen in ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Unsere Kirchengemeinden nutzen 2.775 Gebäude, die Raum für viele unterschiedliche Veranstaltungen bieten. Darunter sind 774 Kirchen, 870 Gemeindehäuser und 475 Kindergärten...“ 3)

 

Ja, auch in der Kirche muss also neben dem Glauben auch über das Geld gesprochen werden, das schulden wir allen, die uns finanziell unterstützen. Aber geht es darum? Jesus wollte etwas darüber aussagen, wie wir mit unserem Geld leben und umgehen sollen. Wer jemandem hilft, soll es so tun, dass der andere sein Gesicht wahren kann, sich nicht noch abhängiger gemacht und verpflichtet fühlt. So ist es ein guter Geist, wenn jemand Gelder für einen sinnvollen Zweck einsetzt, ohne sich dadurch über andere zu erheben. Heute ist es modern, wenn gesagt wird: „Tue Gutes und rede darüber!“ Das Sponsoring lebt davon. Mit dem eingesetzten Betrag für eine kirchliche oder andere Aufgabe wird zugleich „Werbung“ gemacht, die wiederum dem Betrieb hilft, Umsätze zu steigern, wodurch finanzielle Hilfen ja erst möglich werden.

Und doch weiß ich aus unserer Gemeinde – und wir bekommen ja immer wieder überaus großzügige Spenden – dass es kaum noch gewünscht wird, dass Spender öffentlich genannt werden wollen. Die Spender helfen und freuen sich, wenn mit ihrem Beitrag etwas sinnvolles geleistet werden konnte, was sonst in einer Kirchengemeinde nie möglich gewesen wäre. Und so darf in der Kirche, jedenfalls in unserer Gemeinde, auch nicht mehr über Geld geredet werden, ohne eine unendlich große Dankbarkeit für jeden Cent und Euro, der uns gespendet wird und mit dem wir mehr tun können, als der Haushalt unserer Gemeinde zuließe. So danke ich allen, die durch ihre Opfer und Spenden dazu beitragen, dass es ein reiches und vielfältiges Gemeindeleben gibt. Aber heute würde Jesus vielleicht sein Wort noch ein wenig anders ausrichten, denn es kommt unter uns ja eher selten vor, dass jemand damit prahlt, fromm zu sein und daher viel zu spenden.

 

Natürlich gibt es auch heute noch Scheinheiligkeit, aber zu wünschen wäre ja gerade ein lebhafteres Zeugnis unseres Glaubens in der Öffentlichkeit. Keine frömmelnden Zungenschläge, keine peinlichen Überzeugungsversuche, aber ein ebenso mutiges, wie fröhliches Bekennen des eigenen Glaubens – und da können unsere Opfer heute sogar ganz anders aussehen, als z.B. durch das Geld, mit dem ich mir vielleicht gern einmal Anerkennung und Achtung verschaffen würde. Wer diesen Weg wählt, macht das Geld zu seinem Gott, der lässt sich von dem beherrschen, was er besitzt, durch das beruhigen, was er an Versicherungen angehäuft hat. Bekannte Stars und Sternchen leben davon, sich aus der breiten Masse herauszuheben, sich öffentlich darzustellen, das Leben zu einer Show zu machen, bei dem möglichst viele andere Menschen aus der Ferne zuschauen. Ein solch öffentliches Leben- ohne Vorbild zu sein - fördert gerade unter Jugendlichen nur oft genug dazu heraus, einer Scheinwelt zu folgen. Andererseits wirken immer mehr Menschen vom Fußballspieler bis zum Filmschauspieler ganz im Stillen und setzen Geld und Einfluss ein, um einem sinnvollen Zweck zu dienen.

 

Für Jesus gilt im Umgang mit den eigenen Möglichkeiten des Lebens, dass sie nicht Egoismus und Eitelkeit fördern, sondern sinnvoll und sinnstiftend eingesetzt werden und so dem Leben und der Gerechtigkeit dienen. Das verlangt Geist und eine kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben und so entscheidet sich dann auch unser Christsein sicher nicht durch die Höhe der Kirchensteuer die wir zahlen oder unsere Spenden, aber umgekehrt gilt auch, dass sich in einem ungeteilten Wohlstand unsere Glaubenslosigkeit ausdrücken kann, die dann weit mehr überschattet, als das eigene Leben.

 

Gemessen an den Worten Jesu aus seiner Bergrede haben wir allen Grund zu einer unendlichen Dankbarkeit, weil wir alle mehr haben, als wir zum Leben bräuchten und so sind wir auch mit unseren finanziellen Mitteln dazu aufgefordert zu helfen, wo dies sinnvoll und notwendig ist – ohne davon etwas für unseren Glauben abzuleiten. Denn was allein menschlich ist, können wir vor Gott nicht als eine Leistung ansehen. So helfe uns Gott zu einem lebendigen Glauben, denn damit wären wir über alle Maßen in unserem Leben reich beschenkt – und dann mögen wir aus diesem Reichtum geben was für andere notwendig ist. Das wird immer unser Leben und Zusammenleben über unsere Kirchen und Gemeinden hinaus menschlicher gestalten. Amen.

 

 

 

 

 

 

 

Literatur:

 

1) www.wdr.de/online/wirtschaft/euro/geldgeschichte.phtml

2) www.ekiba.de/index.htm

3) www.ekiba.de/index.htm

 

 

Leicht., R., in: Göttinger Predigtmeditationen, Göttingen, 2007, Heft 3, S. 369ff

Bänsch, U., 13. Sonntag nach Trinitatis, in: 

                     www.pfarrverband.de/pfarrerblatt/predigthilfen.html

Drewermann, E., Das Matthäusevangelium, Erster Teil, Olten, 19922, S. 559ff

 

 

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